Selbsttests für Schüler: „juristisch heikel und psychologisch katastrophal“

13.04.2021 - reitschuster.de

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„Die Selbsttests sind juristisch heikel, psychologisch katastrophal, führen zu massenhaft falsch negativen oder falsch positiven Ergebnissen mit entsprechenden Quarantäneanordnungen und schreiben durch Erhöhung der Inzidenzzahlen die Pandemie fort“, moniert der Münchner Kinderarzt Martin Hirte.

Ein Berater für Produktlebenszyklus- und Compliance-Management, der anonym bleiben will, hat Steckbriefe zu den Selbsttests für Schulen von Boson, Roche, Siemens Healthineers und Aesku erstellt. Sein Fazit bei allen vier Tests lautet: Sie sind nicht konzeptioniert und validiert für die Eigenanwendung durch Minderjährige und Symptomlose. Mehr noch: „Es gibt bis dato keinen einzigen Antigen-Schnelltest auf SARS-CoV-2 zur Eigenanwendung, der regulär zugelassen ist“, so der technische Prüfer.

Ebenso kritisch: Sowohl klinische Studien als auch die Gebrauchstauglichkeitsstudien wurden ausschließlich an Erwachsenen mit Symptomen durchgeführt. Es handelt sich somit um ein Produkt für Kranke. Dabei fordert das jüngst vom Verwaltungsgerichtshof München ergangene Urteil, dass sichergestellt sein muss, dass in den Schulen nur solche Tests Verwendung finden, die auch im Hinblick auf die jeweiligen Altersgruppen der Anwender freigegeben sind.

Der Hanauer Rechtsanwalt Holger Fischer, dessen Brief an die Schulleiter in Hessen Ende März hohe Wellen schlug, nennt einen weiteren Aspekt: „Damit werden die ohnehin längst jedes vernünftige und erträgliche Maß überschreitenden physischen und psychischen Belastungen für Schüler weiter erhöht, es werden vor allem damit neue und zum großen Teil nicht kalkulierbare gesundheitliche Risiken geschaffen“, schreibt der Jurist in einem Rundschreiben an Eltern, Schüler, Lehrer, Schulleiter u.a.

Wie bei den Masken sieht er auch bei den Tests eine grobe Missachtung der gesetzlichen Vorgaben und der Vorschriften der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV). Von entscheidender Bedeutung ist für Fischer, dass der Test und dessen Auswertung durch medizinisches Fachpersonal oder unter Aufsicht von medizinischem Fachpersonal erfolgt. „Aber welche Schule hat medizinisches Fachpersonal vor Ort?“ fragt er.

Dies bedeute, dass die Tests nicht fachgerecht erhoben und ausgewertet werden könnten – obwohl sie nur für Personen mit einem vom Arzt festgestellten klinischen Befund validiert seien. Zudem bemängelt er, dass die Selbsttests nicht auf ihre Eignung für Kinder geprüft werden. „Die Tests sind für Kinder weder geeignet noch zugelassen“, schließt Fischer.

Strafrechtliche Verantwortung der Lehrer

Wie bei den Selbsttests hält der Jurist auch bei den Masken eine Gefährdungsbeurteilung nach wie vor für unbedingt erforderlich. Dies werde jedoch von den Kultusministerien und den zuständigen Senatsverwaltungen der Länder – ebenso wie von den Schulträgern, den Schulaufsichtsbehörden und letztlich auch von den Schulleitern – weiterhin wahrheitswidrig geleugnet.

Der Spitzenverband der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung hat eine Auflistung aller in der Schule zu beachtenden Unfallverhütungsregeln veröffentlicht und dort insbesondere die Pflicht der Erfassung der von Gesichtsmasken ausgehenden Gefahren bestätigt.

„Eine Zulassung für Erwachsene bedeutet nicht, dass die Masken auch für Kinder sicher sind“, betont der Jurist, „wer Kinder zum Tragen solcher Produkte auffordert handelt ordnungswidrig und macht sich in vielen Fällen auch strafbar.“ Angesichts der „völlig ungeklärten“ Haftungsfragen rät er den Lehrern: “Remonstrieren Sie! Sie laufen Gefahr, strafrechtlich zur Verantwortung gezogen und bei etwaigen Schadensersatzansprüchen in Regress genommen zu werden.“

„Ich hoffe wir alle handeln noch rechtzeitig“, schließt Fischer sein Rundschreiben. Sein Wort in Merkels Ohr!